Kohärenz und Inkohärenz: Wie unsere Denksysteme unser Leben beeinflussen
In unserem täglichen Leben stehen wir oft vor Herausforderungen, die unsere Denkweise und emotionalen Reaktionen auf die Probe stellen. Diese Herausforderungen betreffen häufig die Konzepte der Kohärenz und Inkohärenz. Aber was bedeuten diese Begriffe und wie wirken sie sich auf unser Leben aus? Zudem, welche Rolle spielen die beiden Denksysteme unseres Gehirns – Denksystem 1 = Autopilot und Denksystem 2 = Reflektor - in diesem Prozess?
Was ist Kohärenz und Inkohärenz?
Kohärenz bezeichnet einen Zustand, in dem verschiedene Einzelelemente in einem harmonischen, räumlichen, zeitlichen oder konzeptionellen Bezug zueinander stehen. In der Kommunikation und im persönlichen Erleben bedeutet Kohärenz, dass wir Informationen und Erlebnisse klar und verständlich verarbeiten können. Unsere Realität wirkt konsistent und zusammenhängend.
Inkohärenz hingegen beschreibt einen Zustand der Zusammenhangslosigkeit. Elemente stehen nicht in einem verständlichen Bezug zueinander und verursachen eine Verzerrung der Realitätswahrnehmung. Dies führt oft zu Verwirrung, Stress und emotionalen Belastungen, da das Gehirn Schwierigkeiten hat, inkohärente Informationen zu verarbeiten und einzuordnen. Unsere Psyche ist irritiert, und unsere Gedanken, Worte und Handlungsstränge müssen sich durch ein Dickicht von „Ungereimtheiten“ kämpfen.
Die Rolle unser Denk-Betriebssysteme
Unser Gehirn nutzt zwei unterschiedliche Denksysteme zur Informationsverarbeitung. Der „Autopilot“ ist für das schnelle, automatische Denken zuständig. Er ermöglicht uns, Routinehandlungen wie Atmen und Zähneputzen zu bewältigen, ohne darüber nachdenken zu müssen. In gefährlichen Situationen reagiert er blitzschnell, trifft jedoch oft impulsive und unüberlegte Entscheidungen. Er ist energieeffizient und sparsam im Gebrauch und Verbrauch, doch seine Schnelligkeit geht häufig auf Kosten der Klugheit und Tiefe.
Der „Reflektor“, steht für langsames, reflektiertes und analytisches Denken. Er ist für bewusste Entscheidungen verantwortlich und analysiert Situationen gründlich, wägt Vor- und Nachteile ab und nutzt Erinnerungen und Erfahrungen für Problemlösungen. Dieses System strebt nach Weisheit und tieferem Verständnis, ist jedoch sehr energieaufwendig und führt aufgrund der ressourcenintensivität in die Ermüdung. Die Balance zwischen diesen beiden Systemen ist entscheidend für eine effektive Informationsverarbeitung und die Aufrechterhaltung von Kohärenz.
Wie uns Inkohärenz beeinflusst
Inkohärenz kann durch verschiedene Lebensereignisse und Erfahrungen verursacht werden. Inkohärente Erlebnisse führen zu emotionalen Blockaden und beeinflussen, wie wir auf unsere Umgebung reagieren. Wenn unsere Erfahrungen und Wahrnehmungen keinen Sinn ergeben, fühlen wir uns oft hilflos, wütend oder verzweifelt. Diese negativen Gefühle führen dazu, dass wir in automatisierte Reaktionen des Denksystems „Autopilot“ verfallen, die wenig reflektiert und meist impulsiv sind.
Aus psychologischer Sicht kann Inkohärenz zu kognitiver Dissonanz führen – einem Zustand, in dem widersprüchliche Überzeugungen oder Informationen Spannungen verursachen. Unser Verstand versucht, diese Dissonanz zu reduzieren, indem er entweder die Bedeutung der Informationen verzerrt oder impulsive Entscheidungen trifft, um die innere Spannung schnell zu lösen. Dies kann dazu führen, dass wir voreilige Schlüsse ziehen oder in gewohnte, oft unproduktive Verhaltensmuster zurückfallen.
Diese unreflektierten Reaktionen des Autopiloten sind meist von Vorurteilen und stereotypen Denkweisen geprägt. Das Gehirn versucht, durch schnelle Urteile die innere Unruhe zu mindern, was jedoch häufig zu Missverständnissen und Konflikten führt. In einer inkohärenten Welt, in der nichts so scheint, wie es sein sollte, greifen wir zu einfachen, aber falschen Lösungen, die kurzfristig Entlastung bringen, aber langfristig problematisch sein können.
Ein weiterer Aspekt der Inkohärenz ist die emotionale Erschöpfung. Das ständige Navigieren durch widersprüchliche Informationen und Erlebnisse kann zu einer chronischen Überlastung des reflektierenden Denksystems 2 führen, da wir ins "Grübeln” geraten und nicht mehr so einfach aus dem Denk-Karussell rauskommen. Wenn dieses System überbeansprucht wird, schaltet unser Gehirn automatisch zurück auf den Autopiloten. Dies geschieht oft unbewusst, und wir bemerken es erst, wenn wir uns bereits in einer Spirale aus impulsiven Handlungen und unüberlegten Entscheidungen befinden.
Die Auswirkungen von Inkohärenz sind weitreichend. Sie können unser Selbstwertgefühl untergraben und zu einem Zustand ständiger Unsicherheit führen. Menschen, die regelmäßig inkohärente Erfahrungen machen, können das Vertrauen in ihre eigenen Urteile verlieren und neigen dazu, ihre Entscheidungen permanent zu hinterfragen. Dies führt zu einem Teufelskreis, in dem Unsicherheit und Zweifel dominieren, und es fällt schwer, klare, kohärente Entscheidungen zu treffen.
Im sozialen Kontext kann Inkohärenz Beziehungen belasten. Missverständnisse und Konflikte sind häufiger, wenn Kommunikation und Handlungen inkohärent sind: “Das eine sagen, das andere tun”. Wir sind dann weniger in der Lage - oder auch nicht mehr gewillt - empathisch zu reagieren oder die Perspektiven anderer zu verstehen, was zu Zerwürfnissen und später zu Isolation und Entfremdung führen kann. Inkohärente Kommunikation erzeugt Irritationen, so dass wir uns missverstanden und nicht wertgeschätzt fühlen, was die Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen weiter beeinträchtigt.
Insgesamt zeigt sich, dass Inkohärenz nicht nur unser individuelles Wohlbefinden, sondern auch unsere sozialen Interaktionen und unsere Fähigkeit, in der Welt effektiv zu agieren, erheblich beeinträchtigen kann. Indem wir die Mechanismen der Inkohärenz verstehen und Lösungen entwickeln, um sie zu bewältigen, können wir lernen, sowohl auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene kohärenter und resilienter zu werden.
Die daraus resultierende Blockade der „Inneren Sperre“
Eine anhaltende Erfahrung von Inkohärenz, sei es in der Kindheit oder später, und die damit verbundene emotionale Belastung, können zu einer massiven inneren Sperre führen. Diese Sperre manifestiert sich als eine Art Schutzmechanismus, bei dem wir uns weigern, Ratschläge anzunehmen oder uns von anderen zurechtweisen zu lassen. Stattdessen ziehen wir uns in uns selbst zurück und verharren in einer defensiven Haltung.
Dieser Zustand der “Inneren Sperre” kann mehrere Facetten aufweisen:
1. Stagnation und Bewegungsunfähigkeit: Aufgrund der überwältigenden Inkohärenz fühlen wir uns oft wie gelähmt. Wir sind nicht in der Lage, uns vorwärts zu bewegen oder neue Wege zu gehen, da jede Entscheidung und jede Handlung von Zweifel und Unsicherheit überschattet wird.
2. Abwehrhaltung gegen äußere Einflüsse: Um uns vor weiteren inkohärenten Erfahrungen zu schützen, entwickeln wir eine starke Abwehrhaltung. Wir lassen uns nichts mehr sagen und lehnen jede Form von Zurechtweisung oder konstruktiver Kritik ab. Dies geschieht aus der Angst heraus, noch mehr Verwirrung und emotionale Belastung zu erleben.
3. Paralyse und Rückzug: In diesem Zustand der inneren Sperre neigen wir dazu, uns sozial und emotional zurückzuziehen. Wir vermeiden Situationen, in denen wir uns verletzlich fühlen könnten, und reduzieren unsere Interaktionen mit anderen Menschen. Dies führt zu einer sozialen Isolation und verstärkt das Gefühl der Hilflosigkeit und Verzweiflung.
4. Verlust der Reflexionsfähigkeit: Die Überlastung des reflektierenden Denksystems (System 2) führt dazu, dass wir unsere Fähigkeit zur Selbstreflexion und kritischen Analyse verlieren. Wir agieren verstärkt aus dem Autopiloten heraus, was die Tendenz zu impulsiven und unüberlegten Handlungen weiter verstärkt.
Dieser Zustand der “Inneren Sperre” kann schwerwiegende Auswirkungen auf unser persönliches und berufliches Leben haben. Wir verpassen Chancen zur Weiterentwicklung und zum persönlichen Wachstum, da wir uns in einem starren und defensiven Muster gefangen fühlen. Um aus dieser Blockade herauszukommen, ist es wichtig, sich der Mechanismen der Inkohärenz bewusst zu werden und aktiv Strategien zur Bewältigung zu entwickeln.
Indem wir verstehen, wie Inkohärenz zu einer “Inneren Sperre” führen kann, können wir gezielt daran arbeiten, diese Blockaden zu lösen. Dies erfordert Selbstreflexion und oft auch professionelle Unterstützung, um wieder eine kohärente und ausgeglichene Denkweise, sowie selbstwirksame Handlungsfähigkeiten zu erreichen.
“Fight, Flight, Freeze” & Co
Verstört durch die erlebte Inkohärenz greifen instinktiv unsere Ur-Mechanismen “Fight, Flight, Freeze” ein. Sie sind automatische physiologische Reaktionen unseres Körpers auf Bedrohungen oder Stress. Sie werden durch das autonome Nervensystem aktiviert, insbesondere durch den sympathischen Teil dieses Systems. Diese Mechanismen sind tief in unserem Nervensystem verankert und dienen dem Überleben. Sie sind Überbleibsel unserer evolutionären Vergangenheit, als schnelle Reaktionen auf unmittelbare Gefahren, die überlebenswichtig waren. In der modernen Welt können diese Reaktionen jedoch manchmal unangemessen oder übertrieben sein, insbesondere in Situationen, die keine echte physische Bedrohung darstellen. Natürlich sind sie lebensnotwendig und in ihrer Fähigkeit automatisch bei echter Gefahr einzuspringen, wertvoll und erwünscht. Die innere Sicherheit, die durch sie in unserem Unbewussten verankern ist, hilft dabei uns auf einer tiefen Instinkt-Ebene “safe” zu fühlen und sie erzeugen im echten “Not-Fall” Zusatz-Kräfte, die in uns zur Rettung dienen. Sie arbeiten Hand in Hand mit unserem Hormonsystem zusammen und entsprechend auch mit unserem Gehirn und seinen Denksystemen.
Zur Auffrischung hier aufgelistet die drei bekannten Reaktionen “Fight, Flight, Freeze”, sowie die „Neuesten“ für die Vervollständigung. In der psychologischen und neurobiologischen Literatur sind diese drei die am häufigsten beschriebenen und erforschten Reaktionen und sie decken die meisten automatischen Reaktionen auf Bedrohungen oder Stress ab. Es gibt jedoch immer wieder Diskussionen und Erweiterungen dieses Modells, um andere subtile Verhaltensmuster zu erklären. Diese zusätzlichen Reaktionen sind jedoch nicht so weit verbreitet oder allgemein akzeptiert wie die drei Hauptreaktionen:
1. Fight (Kampf): Aktiv gegen die Bedrohung vorgehen
Diese Reaktion bereitet den Körper darauf vor, gegen die Bedrohung zu kämpfen. Es führt zu einer erhöhten Ausschüttung von Adrenalin und anderen Stresshormonen, was zu einer Erhöhung der Herzfrequenz, der Muskelanspannung und der Aufmerksamkeit führt.
Gehirnregion: Die Amygdala aktiviert die Kampfreaktion, indem sie den Hypothalamus stimuliert, der wiederum das sympathische Nervensystem und die Freisetzung von Adrenalin und anderen Stresshormonen anregt.
2. Flight (Flucht): Vor der Bedrohung fliehen
Diese Reaktion bereitet den Körper darauf vor, vor der Bedrohung zu fliehen. Sie führt ebenfalls zu einer erhöhten Ausschüttung von Adrenalin, was die Herzfrequenz erhöht und die Energiereserven mobilisiert, um schnell weglaufen zu können.
Gehirnregion: Ähnlich wie bei der Kampfreaktion, spielt die Amygdala eine zentrale Rolle. Der Hypothalamus aktiviert das sympathische Nervensystem, um den Körper auf eine schnelle Flucht vorzubereiten.
3. Freeze (Erstarren): Sich nicht bewegen, um der Bedrohung zu entgehen
Diese Reaktion führt dazu, dass der Körper in einer Art Schockzustand verharrt, in dem Bewegung und manchmal auch Atmung stark reduziert werden. Dies ist eine Art Schutzmechanismus, um von der Bedrohung nicht bemerkt zu werden oder um sich selbst zu schützen, wenn weder Kampf noch Flucht möglich sind.
Gehirnregion: Die Amygdala und der periaquäduktale Graubereich (PAG) im Mittelhirn sind entscheidend für die Freeze-Reaktion. Diese Bereiche modulieren das autonome Nervensystem, um eine vorübergehende Bewegungsunfähigkeit zu erzeugen.
Weitere Mechanismen, der in jüngerer Zeit häufiger diskutiert werden, sind:
4. Flop (Sich fallen lassen)
“Flop” ist eine Reaktion, bei der sich ein Individuum in einer bedrohlichen Situation schlaff macht, ähnlich wie bei einer Ohnmacht oder einem völligen Aufgeben. Diese Reaktion kann als eine letzte Verteidigungslinie betrachtet werden, wenn weder Kampf noch Flucht oder Erstarren wirksam sind.
Gehirnregion: Periaquäduktaler Graubereich (PAG) - Diese Region ist im Mittelhirn angesiedelt und spielt eine zentrale Rolle bei der Modulation von Schmerz und der Kontrolle von automatischen Abwehrmechanismen wie der Flop-Reaktion.
Parasympathisches Nervensystem: Aktivierung des parasympathischen Nervensystems führt zu einem Zustand der extremen Entspannung und Immobilität, was Teil der Flop-Reaktion sein kann.
5. Fawn (Anbiedern): Sich anpassen oder unterwerfen, um die Bedrohung zu besänftigen
Diese Reaktion umfasst Verhaltensweisen, die darauf abzielen, die Bedrohung durch Unterwerfung oder Anpassung zu besänftigen. Menschen, die diese Reaktion zeigen, versuchen oft, den Aggressor zu beruhigen oder zu besänftigen, um den Konflikt zu entschärfen und ihre Sicherheit zu gewährleisten.
Gehirnregion: Hier sind sowohl die Amygdala als auch der präfrontale Kortex involviert. Der präfrontale Kortex hilft, soziale und emotionale Reaktionen zu regulieren, um durch Anpassung und Unterwerfung Bedrohungen zu minimieren.
Hier wird im Vergleich zu den vorherigen 4 Schutzmechanismen deutlich, dass das Denksystem 2 (Reflektor) sich involviert und nicht nur automatisch rein körper-instinktiv entscheidet, sondern hinterfragt (“von hinten fragt”).
6. Friend (Freundschaft schließen)
“Friend” beschreibt eine Reaktion, bei der ein Individuum versucht, eine Bedrohung durch Freundschaft oder soziale Bindung zu entschärfen. Dies könnte bedeuten, dass man versucht, den Angreifer zu besänftigen oder durch positive soziale Interaktionen die Situation zu deeskalieren.
Gehirnregion: Präfrontaler Kortex - Diese Region ist entscheidend für die soziale Kognition und die Fähigkeit, komplexe soziale Interaktionen zu planen und auszuführen.
Temporoparietale Verbindung (TPJ): Diese Region ist wichtig für die Perspektivenübernahme und das Verständnis der Absichten und Gefühle anderer, was für die Friend-Reaktion essenziell ist.
Oxytocin-Freisetzung: Das Hormon Oxytocin, das oft als “Kuschelhormon” bezeichnet wird, spielt eine Rolle bei der Bindung und der Förderung von Vertrauen und sozialen Verbindungen.
Auch hier interagiert das Denksystem 2 (Reflektor) statt nur über Denksystem 1 (Autopilot) rein körper-instinktiv zu handeln. Der Reflektor bedient sich der “Vernunft”, was heisst, er sucht Bezug zu den Auswirkungen, seiner Entscheidung.
Diese Reaktionen zeigen die Komplexität und Vielseitigkeit unserer automatischen und bewussten Reaktionen auf Bedrohungen und Stress. Indem wir die spezifischen Gehirnregionen kennen, die an diesen Reaktionen beteiligt sind, können wir besser verstehen, wie und warum unser Gehirn und Körper auf unterschiedliche Stresssituationen reagieren und welche hormonellen Botenstoffe zu welchem Zweck eingesetzt werden.
Die “Freedom”-Reaktion: Ein neuer Mechanismus der Selbstbestimmung?!
Wir wir deutlich erkennen können, tun wir letztlich alles, um uns zu schützen, zu erhalten und zu retten. Doch auch dieser Instinkt-”Zauber” fordert seinen Preis und Tribut: Unsere Selbstbestimmung. Unsere Schutzmechanismen sind Re-Aktionen und keine selbstinitiierten Vorgänge in der Lebensgestaltung. Sie haben Angst als Antrieb und motivieren uns meistens zu ganz anderen Bewegungsformen als die, die wir freiwillig, von uns aus, selbstaktiv erzeugt hätten. Das ist für unsere (kleine und grosse) Welt sehr bedauerlich, weil viele Inspirationen, Innovationen und kreative Lösungen unter der Fremdbestimmung und dem Druck der Angst, garnicht existieren können.
Ich habe mir Gedanken gemacht, womit man alle diese Formen der Fremdbestimmung mit einem Schlag eliminieren könnte und habe mir ein weiteres Überlebens - „F“ einfallen lassen. Den Freedom! -Instinkt :-)
Die “Freedom”-Reaktion (Freiheit), darf als eine Form der Aufhebung aller anderen Mechanismen verstanden werden und als Lösung dafür, die Selbstbestimmung zurückzugewinnen, die in der Angst verloren geht. Diese Reaktion symbolisiert eine gesunde Gleichgültigkeit gegenüber äußeren Stressoren und Bedrohungen und ist ein emotionales Zeichen dafür, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie möchte weder erniedrigen, noch sich empor heben: Sie steht für eine positive und resiliente Haltung und umfasst folgende Aspekte:
1. Selbstbestimmung und Autonomie: Die “Freedom”-Reaktion ist ein Ausdruck der Selbstbestimmung. Sie bedeutet, dass wir uns von äußeren Bedrohungen und negativen Einflüssen nicht beherrschen lassen möchten und unsere eigenen Entscheidungen treffen, unabhängig von externen Druck.
2. Gesunde Gleichgültigkeit gegenüber Stressoren: Die “Freedom”- Reaktion signalisiert, dass wir uns nicht von Angst oder Stress leiten lassen. Stattdessen nehmen wir eine Haltung der Gelassenheit und Unbeeindrucktheit ein, die es uns ermöglicht, klar und ruhig zu bleiben, selbst in herausfordernden Situationen.
3. Positive Resilienz: Die “Freedom”-Reaktion ist ein Zeichen von Resilienz. Sie zeigt, dass wir in der Lage sind, uns von negativen Erfahrungen zu erholen und unsere emotionale Balance wiederzufinden. Es ist eine Haltung, die uns stärkt und uns ermöglicht, konstruktiv mit Herausforderungen umzugehen, ohne unsere innere Ruhe zu verlieren.
4. Aktion statt Re-Aktion : Die “Freedom”-Reaktion ist das Mindset, welches dir ermöglicht, kreativ aus dir selbst heraus zu leben und deine Entscheidungen aus deinem natürlichen Selbst heraus zu treffen. Damit du dein Leben so gestalten kannst, wie du es brauchst, um erfüllt un dankbar zu sein.
Dieser „neue“ Mechanismus, die “Freedom”-Reaktion, kann als eine Art Überlebensstrategie in einer komplexen und oft inkohärenten Welt betrachtet werden. Indem wir diese Haltung kultivieren, können wir unsere Selbstbestimmung bewahren und sicherstellen, dass wir nicht in unproduktiven und destruktiven Verhaltensmustern existieren.
Denken und Kohärenz
Die Skills zur Unterstützung der Balance zwischen unserem Autopiloten und Reflektor sind Kommunikation, Anpassungsfähigkeit und geistige Beweglichkeit – Qualitäten, die uns helfen, sowohl schnelle, intuitive Entscheidungen als auch tiefere, reflektierte Überlegungen zu integrieren. Dieses duale Prinzip ermöglicht es uns, flexibel auf verschiedene Anforderungen zu reagieren und gleichzeitig eine kritische Denkweise beizubehalten.
Eine Dominanz vom “Autopiloten” in unserem Denksystem kann zu voreiligen und stereotypen Urteilen führen, die oft konservatives und überholtes Verhalten begünstigen. Aber auch die Überbeanspruchung vom “Reflektor”-Denksystem führt zu geistiger Erschöpfung, Entscheidungsunfähigkeit und Prokrastination.
Die Lösung liegt darin, diese beiden Denksysteme effektiv zusammenarbeiten zu lassen und ein kooperatives Team aus ihnen zu machen. Eine effektive Informationsverarbeitung und Kohärenz erfordern eine Balance zwischen beiden Systemen. Während System 1 schnell und effizient reagiert, bietet System 2 die nötige Tiefe und Reflexion für nachhaltige Entscheidungen. Wie verwandeln wir nun die beiden in ein “Dynamisches Duo”?
Aktives Zuhören & Kohärenz
Das Training für den “Autopiloten”
Wir üben uns im „Aktiven Zuhören“: Praktiziere aktives Zuhören, um Missverständnisse zu vermeiden und eine tiefere Verbindung zu deinem Gegenüber aufzubauen. Beim „Aktiven Zuhören“ hört man zu, um das Gegenüber wirklich zu verstehen. Bei dieser Art des Zuhörens konzentrieren wir (Empfänger) uns ausschließlich auf das, was die andere Person (Sender) sagt, anstatt bereits zu überlegen, wie wir darauf antworten wollen.
Die drei Stufen des „Aktiven Zuhörens“ sind:
• Hören: Raum und Zeit für Worte erlauben und auf Empfang gehen
• Verstehen: Ohne eigenes Rein-Denken und Antworten parat machen
• Rückmeldung: Auf Wunsch des Senders, nach vollständiger Beendigung seiner Mitteilungen
Aktives Zuhören bewirkt, dass sich ein Gesprächspartner verstanden fühlt. Damit wird er sich auch besser auf das Gegenüber einlassen können. Allein durch das Zuhören ohne gegenseitigen Austausch entstehen Klärungs- und Selbstklärungsprozesse, die Harmonie bewirken. Die Chance kohärent auf unsere Umwelt zu reagieren, liegt hierdurch deutlich höher, als wenn wir nicht richtig zuhören, weil wir während des Gesprächs mit unseren eigenen Gedanken und Antworten beschäftigt sind. Hier “zügeln” wir unserer Denksystem 1, den “Autopiloten” und weisen ihn in Offenheit und Vorurteilslosigkeit ein. Ja, es ist auch (s)eine “Geduldsprobe” :-)
Reflexion & Kohärenz
Das Training für den “Reflektor”
Selbstkontrolle ist das Resultat dieser Übung “Aktives Zuhören”, was wiederum eine erhöhte Reflexionsfähigkeit bewirkt. Das passiert deshalb, da wir im aktiven Zuhören die Position des Zuhörers ergo die Rolle des Beobachters eingenommen haben. Letztlich ist es diese Rolle aus der heraus wir überhaupt erst reflektieren können. Erst die Draufsicht auf uns selbst und unser Denken, Fühlen und Verhalten, bringt die nötige Selbsterkenntnis. Somit ist Reflexion ein weiterer Schlüssel zur Aufrechterhaltung von Kohärenz. Durch die gute Vorarbeit des “Autopiloten” hat der “Reflektor” nun die Chance, seine Fähigkeiten einzusetzen. Nutze die Reflexionsfähigkeit von System 2, um emotionale Reaktionen zu regulieren und weise Entscheidungen zu treffen. Reflexion ermöglicht es, Situationen gründlich zu analysieren, Erfahrungen zu verarbeiten und daraus zu lernen. Dies stärkt die Fähigkeit, auch in stressigen oder inkohärenten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und durchdachte Entscheidungen zu treffen.
Das ist eine der Möglichkeiten, um die zwei verschiedenen Denksysteme zu einer gut funktionierenden Einheit auszubilden. Es gibt noch weitere Methoden, die wir vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt vorstellen. Auch über unsere Modarn Rising “NeuroArts”-Ausmalvorlagen gibt es die Möglichkeit, eine wirksame Zusammenarbeit unserer Denksysteme zu erzeugen und somit die eigene Kohärenz zu stärken. Hier verläuft die innere Kommunikation auf “malerische” Weise.
Neokortex & Höhere kognitive Funktionen
Ein weiterer Aspekt, der zur Balance und Kohärenz beiträgt, ist das Verständnis der Rolle des Neokortex, insbesondere des Präfrontalen Kortex. Der Neokortex, die evolutionär jüngste Struktur des Gehirns, ermöglicht uns höhere kognitive Funktionen wie Planung, Problemlösung und Selbstkontrolle. Der Präfrontale Kortex ist dabei entscheidend für die Regulation unserer Gedanken und Handlungen. Er hilft, impulsive Reaktionen des Autopiloten (Denksystem 1) zu kontrollieren und durchdachte, reflektierte Entscheidungen (Denksystem 2) zu fördern.
Im Gegensatz dazu steht der Hypothalamus, einer der ältesten Teile des Gehirns. Der Hypothalamus, Teil des sogenannten “Reptiliengehirns”, ist verantwortlich für grundlegende Überlebensfunktionen wie Hunger, Durst, Körpertemperatur und die “Fight or Flight”-Reaktionen. Diese Region steuert automatische und instinktive Reaktionen, die für das unmittelbare Überleben entscheidend sind, aber oft zu impulsiven und weniger durchdachten Handlungen führen.
Durch das Zusammenspiel von Neokortex und älteren Gehirnregionen wie dem Hypothalamus wird deutlich, wie wichtig es ist, sowohl schnelle, automatische Reaktionen als auch reflektierte, bewusste Entscheidungen zu integrieren. Während der Hypothalamus uns hilft, in akuten Stresssituationen schnell zu reagieren, ermöglicht uns der Neokortex, diese Reaktionen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um langfristig klügere und kohärentere Entscheidungen zu treffen.
Neues Denken
Es stellt sich immer wieder folgendes heraus: Um am besten durchzukommen, ist es wohl am effektivsten, polare Gegensätze zu vereinen und miteinander zu integrieren, um für unterschiedliche Lebenssituationen parat zu sein. Das Ausschlussprinzip hat noch nie wirklich andauernden Frieden hervorgebracht. Zusammenkommen, Team-Working, Sharing is Caring – das sind die Prinzipien des neuen Zeitalters. Ausbeutung und Manipulation zersetzen das Vertrauen dieser Welt und lassen uns zu Individuen mutieren, die verängstigt und verwirrt durch die Gegend laufen, während sie versuchen, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen.
Das harmonische Zusammenspiel ist die Lösung, sei es da draußen in der Welt oder in uns selbst. Wenn Autopilot und Reflektor gemeinsame Sache machen und für das Ich-System agieren, ermöglichen wir uns eine effektive Informationsverarbeitung und Aufrechterhaltung von KOHÄRENZ in unserem Denken und Handeln. Aktives Zuhören in der Außenwelt und Reflexion in der Innenwelt sind wichtige Fähigkeiten, um Missverständnisse zu vermeiden, emotionale Reaktionen zu regulieren und fundierte Entscheidungen zu treffen. Durch die Nutzung der höheren kognitiven Funktionen des Neokortex können wir flexibel und adaptiv auf die Herausforderungen des Lebens reagieren, während wir gleichzeitig unsere geistige und emotionale Balance bewahren.
Neues Denken braucht der Mensch…zum Glück ist unser Gehirn fähig, sich anzupassen und zu wachsen. Indem wir unsere Denkweisen weiterentwickeln, können wir eine bessere, kohärentere Zukunft gestalten – für uns selbst und für die Welt um uns herum. Diese Entwicklung erfordert Mut und die Bereitschaft, alte Muster zu hinterfragen und neue Wege zu gehen. Es bedeutet, sich selbst und anderen mit Offenheit und Empathie zu begegnen, um gemeinsam Lösungen zu finden und eine harmonische Koexistenz zu fördern.
Unser Gehirn ist ein mächtiges Werkzeug, das uns dabei unterstützt, diese Veränderungen vorzunehmen. Durch ständige Anpassung und Lernen können wir unsere mentalen und emotionalen Fähigkeiten erweitern. Diese Evolution des Denkens ermöglicht es uns, nicht nur individuell zu wachsen, sondern auch kollektiv als Gesellschaft zu reifen. In einer Welt, die sich ständig wandelt, ist es unerlässlich, flexibel zu bleiben und das Zusammenspiel unserer Denksysteme zu nutzen, um eine kohärente und nachhaltige Lebensweise zu fördern.
Indem wir das Beste aus beiden Welten – dem schnellen, intuitiven Denken und dem langsamen, reflektierten Denken – vereinen, schaffen wir die Grundlage für eine erfüllte und harmonische Zukunft. Lassen wir uns darauf ein, unsere Denkweise zu transformieren, können wir nicht nur unser eigenes Leben verbessern, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Gemeinschaften um uns herum ausüben. Gemeinsam können wir eine Welt gestalten, in der Verständnis, Mitgefühl und Zusammenarbeit die treibenden Kräfte sind.
#Kohärenz #Denksysteme - Was denkst du? Was hat dich am meisten angesprochen?
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Wenn du Lust hast, testest du dich selbst mit dem folgenden QUIZ: Denksysteme ;-)